Letzte Hilfe Kurs in Silvaplana

Martina Hoffmann, Pflegefachfrau im Kantonsspital Chur und Jacqueline Baumer von der reformierten Landeskirche Graubünden gestalteten am Samstag, den 08.02.2020 gemeinsam mit rund zwanzig mehrheitlich Frauen einen „letzte Hilfe Kurs“ in der Chesa Dmura in Silvaplana.

 

Analog zu Nothelferkursen, in denen ein Basiswissen in erster Hilfe vermittelt wird, ging es auch im Kurs „letzte Hilfe“ um Grundkenntnisse - allerdings nicht für das Erhalten von Leben sondern für den Umgang mit schwer kranken und sterbenden Menschen am Ende ihres Lebens.
Vier Themenschwerpunkte strukturierten den Tag
1.    Sterben ist ein Teil des Lebens
2.    Vorsorgen und Entscheiden
3.    Körperliche, psychische, soziale und existentielle Nöte lindern
4.    Abschied nehmen.

Zu zweit oder zu dritt tauschten sich die Interessierten darüber aus, wann der Sterbeprozess beginnt.
Sterben ist ein natürlicher Prozess: Menschen am Ende ihres Lebens ziehen sich zurück, werden müde oder sind bettlägrig. Essen und Trinken verlieren an Bedeutung.

Linderung verschaffen

Ein rasselnder Atem kurz vor dem Ende rührt von Schleim in den Atemwegen: Eine Lagerung auf die Seite, ja fast auf den Bauch, kann hier Abhilfe schaffen. Solche Geräusche, Aussetzer beim Atmen oder das Schnappen nach Luft erschrecken anwesende Angehörige manchmal, die Betroffenen selber scheinen diese Geräusche allerdings, wie Martina Hoffmann von ihnen erfahren hat, nicht wahrzunehmen.

Der Tod ist nicht wie ein Schalter, der umgelegt wird, sondern tritt nach und nach ein: Ein Organ nach dem anderen versagt. Arbeiten die Nieren nicht mehr, wird die Infusion mit der Flüssigkeitszufuhr abgehängt, sonst sammelt sich Wasser in der Lunge und der Sterbende „ertrinkt“. Das Befeuchten von Lippen und Mundhöhle hilft gegen einen trockenen Mund, in ein Gazetüchlein gehüllt, kann dem Sterbenden auch seine Lieblingsfrucht zum Lutschen gegeben werden.

Der Sauerstoffbedarf von Sterbenden ist gering. Auch wenn es Angehörigen und Pflegenden schwer fällt, kann ein Sauerstoffgerät entfernt werden. Weniger ist hier mehr.

 

Menschliche Zuwendung

Umso wichtiger ist menschliche Zuwendung: sei es, indem die Hand des Sterbenden gehalten wird oder mit körperlicher Nähe Geborgenheit und das Gefühl vermittelt wird, dass er nicht allein ist.

Mehrfach wiederholt die Pflegefachfrau, wie wichtig das Gespräch ist. Selbst wenn keine Antwort mehr kommt, funktioniert das Gehör des Sterbenden noch lange. So erzählte sie von einer sechsfachen Mutter, die ausharrte, bis auch die Tochter aus Australien eingetroffen war, nachdem ihr gesagt worden war, dass diese auf dem Weg zu ihr sei. Das war eine von vielen ergreifenden Geschichten, die auch die Kursteilnehmerinnen erzählten.

Trotz allem gelingt nicht immer ein „gutes Sterben“. Morphium kann zwar gegen Schmerzen und der Angst vor dem Tod helfen, das Zurücklassen von kleinen Kindern belastet manche Sterbende aber bis zum Schluss.

 

Eine Patientenverfügung erleichtert das Entscheiden

Angehörige von Sterbenden wissen oft nicht, was diese sich wünschen. Eine Patientenverfügung ist hier nützlich. Martina Hoffmann machte allerdings klar, dass es nicht reicht, einfach die Kreuzchen im Formular einzufügen. Um klare Entscheidungen treffen zu können, müssen Wünsche möglichst detailliert beschrieben werden. Eine Beratung hilft dabei.

 

Abschied nehmen

Elisabeth Kübler Ross (1926-2004) hat sich Zeit ihres Lebens intensiv mit dem Thema Tod und Trauer auseinander gesetzt und unterscheidet verschiedene Phasen der Trauer: Unglauben, Wut und Ohnmacht sind natürliche Reaktionen auf den Verlust einer geliebten Person bis das Unwiederbringliche irgendwann akzeptiert werden kann.

Die Kirche hält einen Jahrhunderte alten Fundus an Ritualen bereit, die Halt und Unterstützung in solchen existentiellen Krisen geben können.

 

Ester Mottini