Preschaint - das Magazin

Streiflichter durch sechs Ausgaben

Rund drei Jahre sind vergangen, seit „Preschaint“ zum ersten Mal erschienen ist. Inzwischen hat sich dieses Magazin etabliert. Jede Ausgabe widmet sich einem Thema: Ein romanisches Sprichwort in der Frühlingsnummer des vergangenen Jahres beispielsweise beleuchtet auf unterhaltsame Weise die Mentalität der Einheimischen: „Ama a tieu chantunais, ma nu piglier davent la saiv» - zu Deutsch „Liebe deinen Nachbarn, reiss aber den Zaun nicht ein.“

An diesem Sprichwort lässt sich, wie Andrea Urech, ein profunder Kenner der romanischen Sprache, meint, eine Besonderheit des Oberengadiner Romanisch „Puter“ feststellen, die soziologische Spekulationen erlaubt:

Die romanischen Sprachen greifen für das Wort „Nachbar“ in der Regel auf das lateinische Wort „vicinus“ zurück: So heisst „Nachbar“ im Unterengadin „vaschin“. In den Nachbartälern Puschlav und Bergell verweisen „visin“ und „vasching“ ebenfalls auf die lateinische Wurzel. Auch im Puter gibt es Wörter, die lateinischen ursprungs sind wie „vschin“ für Bürger oder „vschinauncha“ für Dorf. Der Nachbar hingegen ist im Puter „il chantunais“. „Chantun“ heisst „Ecke“, „il chantunais“ ist also derjenige, mit dem man Ecke an Ecke wohnt. Darin ist nichts vom lateinischen „vicinus-nahe“ enthalten. Vom Wort her markiert „chantunais“ also eine gewisse Distanz, ganz im Sinn des oben zitierten Sprichwortes.

 

Die Arve sinnlich erleben

Die Ausgabe ein Jahr zuvor, die von Arven handelt, wuchs über das Format eines Printmediums hinaus: Mit einem Buchzeichen aus Arvenholz lieferte sie im wahrsten Sinne des Wortes ein handfestes Resultat und der Geruch des Holzes weckte so manche Erinnerung ans Engadin. Über einen QR-Code oder einen Link auf der Webseite kann zudem den Klang einer Fichte oder Arve abgespielt werden. Das leise Knacken stammt von Gasbläschen, die den Nährstoffhaushalt im Baum regulieren: Leidet der Baum an sonnigen Sommertagen unter Trockenheit, wird das Knacken lauter und rhythmischer, in der Nacht hingegen verwandelt es sich in ein sanftes Flüstern: eine erstaunliche Art, die Wunder der Natur wiederzugeben.

 

Weihnachten einmal anders

Neue Sichtweisen auf Weihnachten bieten Ausgaben zum Thema „Stroh“ und „Haus“ vom Herbst des vergangenen Jahres und dem Jahr zuvor.

Mit Erker und Fenstern wirkt das Mili Weber Haus in St. Moritz wie ein Gesicht mit Augen und Nase. Freundlich schaut es drein, strahlt Wärme und Geborgenheit aus.  Gäste treten gerne ein, fühlen sich wohl und beginnen zu erzählen: „Mir geht hier das Herz auf“ meint eine Besucherin und taucht ein in die Wunderwelt dieses aus der Zeit gefallenen Hauses. Liebe und Licht durchdringen als Leitmotive Leben und Werk von Mili Weber. Gott tritt bei ihr als Schöpfer des Lichts in Erscheinung, der mit seiner Liebe alle Kreaturen beseelt. Mili Weber war zwar protestantisch und las in der Bibel, blieb der Kirche aber fern. An Weihnachten öffnete die zierliche Frau jeweils das Fenster und spielte für die Tiere des Waldes auf ihrer Orgel.

 

Was Leserinnen und Leser zum „Preschaint“ meinen

Das Magazin hält sich gut in den Händen. Die Qualität ist förmlich greifbar, das Papier hochwertig, die Bilder ästhetisch, das Layout ansprechend, die Darstellung übersichtlich und die Texte gut lesbar oder wie eine Leserin kurz meinte: „Das Magazin ist nobel“. Das äussere Erscheinungsbild bietet auch Anlass für Kritik. Was die Kosten angeht, käme ein Druck auf Umweltpapier allerdings nicht günstiger.

Das ansprechende Äussere widerspiegelt die Sorgfalt, mit dem der Inhalt jeder Ausgabe gestaltet wird und ist ein Zeichen der Wertschätzung den Kirchenmitgliedern gegenüber. Dazu gehört auch, dass das Magazin zweisprachig ist: Das Puter selbst wird als Sprache reflektiert und Beiträge in diesem Idiom kommen in einer sehr gepflegten Ausdrucksweise daher. Mit Rücksicht auf deutschsprachige Leserinnen und Leser wird jeder romanische Text zusätzlich mit einem Résumé auf Deutsch versehen.

 „Alle halbe Jahre freue ich mich jeweils auf die neue Ausgabe des Preschaint. Bei einer Tasse Kaffee geniesse ich die Artikel und Beiträge in einer ruhigen Stunde“ verrät die angehende Sozialdiakonin Karin Last aus Bever. Für die Vorbereitung von Andachten oder Gottesdiensten zieht sie das Magazin manchmal zu Rate: So lieferte beispielsweise die „Arvenausgabe“ wertvolle Impulse für einen „Inscuntergottesdienst“ in La Punt Chamues-ch, zu dem mit Max Kessler ein Gast eingeladen war, der das Drechseln von Arvenkugeln zu seiner Leidenschaft gemacht hat.

Aus zeitlosen Fragen rund um das menschliche Leben erwachsen im Preschaint unaufdringlich Antworten des Glaubens. In bester protestantischer Tradition verbindet das Magazin so christliche Glaubensinhalte mit dem Geist der Aufklärung und unterscheidet sich darin grundsätzlich von anderen Magazinen.

 

Ester Mottini