Die letzte Kirchgemeindeversammlung mit Gian Duri Ratti als Präsident

Zum letzten Mal präsidierte Gian Duri Ratti am 23. November 2021 die Kirchgemeindeversammlung von Refurmo. Das Budget fürs kommende Jahr und Ersatzwahlen für den Vorstand waren Gegenstand des ersten Teils des Abends, angemessen Zeit blieb im zweiten Teil für die Präsentation eines externen Berichts unter Punkt 7 der Versammlung.

79 Stimmberechtigte, 7 Gäste und ein Redaktor der Engadiner Post und der Südostschweiz wurden an der Versammlung begrüsst.

 

Das Budget 2022 mit einem kleinen Ausgabenüberschuss

Wie jeden Herbst standen die Finanzen der Kirchgemeinde zur Debatte und der Finanzverantwortliche Kurt Fischer liess keinen Zweifel darüber offen, dass diese nur eine Richtung kannten, nämlich abwärts.

Die Finanzverordnung der Landeskirche Graubünden  sieht ein ausgeglichenes Budget vor. Drei Komponenten bieten dafür einen Hebel: Pfarrstellen, Investitionen und Steuerfuss.

Gebundene Ausgaben machen einen Grossteil des Budgets aus, 78% davon entfallen allein auf Personalkosten, 17% auf Unterhalt und Betrieb der Liegenschaften, nur gerade rund 5% bleiben übrig, die verändert werden können. Darin enthalten ist u.a. die Jugend-, Konfirmandinnen- und die Seniorenarbeit.

Als Grundlage für die Errechnung der geplanten Kosten 2022 stehen seit der Einführung des neuen Rechnungsmodells 2018 die Budgets der vergangenen Jahre zur Verfügung. Ausserdem bieten der angepasste Finanzplan 2022-2026, die Rechnungsabschlüsse der  vergangenen Jahre und die laufende Rechnung für das Jahr 2021 Orientierungshilfen.

Zwei Massnahmen halfen, das budgetierte Defizit auf rund CHF 4‘000.-- zu beschränken: Wie bereits in den letzten Jahren wurden Investitionen auf ein Minimum beschränkt, ausserdem wurde eine Pfarrstelle eingespart.

2019 waren die Steuereinnahmen massiv eingebrochen. Der Grund dafür fand sich in den politischen Gemeinden, die unterschiedlich mit ihren finanziellen Reserven umgingen. Gespräche klärten die Lage und boten der Kirchgemeinde eine kurze Atempause in ihren Geldsorgen.

Absolut notwendige Investitionen

Marius Hauenstein, der im Vorstand für die Gebäude der Kirchgemeinde zuständig ist, unterschied zwischen absolut notwendigen Investitionen und solchen, die machbar waren.

Für Kirchen ginge es langfristig allerdings darum, wie er weiter meinte, einen neuen Ansatz zu suchen und in Gesprächen mit politischen Gemeinden gemeinsame Lösungen zu finden.

Die englische Kirche St. John in St. Moritz - Bad und die Kirche Crasta bedürfen dringend einer Renovation, dafür sind CHF 30‘000.-- bzw. CHF 10‘000.-- vorgesehen, für CHF 30‘000.-- soll ausserdem die Pfarrwohnung in Silvaplana wiederhergestellt und CHF 10‘000.-- für ein Schlüsselsystem im Kreis Mitte aufgewendet werden.

Sowohl Budget als auch Investitionsbudget wurden von der Versammlung gut geheissen.

Der tiefste Steuersatz im Kanton Graubünden

Refurmo hat im Kanton Graubünden den tiefsten Steuersatz aller Kirchgemeinden, dennoch beantragt der Vorstand, den Steuerfuss von 10,5% der einfachen Kantonssteuer auch im nächsten Jahr zu belassen. Dieser Antrag wurde von der Versammlung angenommen.

Andreas Wassmer als Pfarrer von St. Moritz gewählt

Mit 72 von 74 ausgeteilten Stimmen wurde Andreas Wassmer nach den vorgeschriebenen zwei Jahren als Provisor offiziell zum Pfarrer von St. Moritz gewählt. Am 12. Februar 2022 soll in St. Moritz der Installationsgottesdienst stattfinden.

Demission des Präsidenten

Auf Ende November 2021 gibt Gian Duri Ratti sein Amt als Präsident von Refurmo ab. Für ihn war, wie er ausführte, von Anfang an klar, dass er nur für eine Amtsperiode zur Verfügung stehen würde. Die Herausforderung der Fusion reizte ihn. Jeder Zusammenschluss ist anspruchsvoll und bringt unpopuläre Entscheidungen mit sich. Die Kirchgemeinde ist aber, wie Gian Duri Ratti feststellt, gut aufgegleist, es waren denn auch persönliche Gründe, die ihn bewogen, vor Ablauf der Amtszeit zurück zu treten. Beharrlich in der Sache und respektvoll im Umgang wird ihm die Zusammenarbeit im Vorstand in guter Erinnerung bleiben.

Ersatzwahlen für die Amtsperiode 2019-2022

Der bisherige Vizepräsident, Gian Clalüna aus Sils, wird bis zu den Gesamterneuerungswahlen 2022 zum Präsidenten von Refurmo gewählt.

Als Ersatz für Gian Clalüna wird Lucian Schucan aus Zuoz, der bisher als Präsident der Geschäftsprüfungskommission (GKP) von Refurmo angehörte, neu in den Vorstand gewählt.

Fadri Denoth, GKP-Mitglied aus Celerina, hat aus persönlichen Gründen per Ende 2021 demissioniert. Als Ersatz für ihn wird Paola Fliri aus St. Moritz gewählt. Da Susi Robbi, ebenfalls in der GKP, von St. Moritz nach Samedan umgezogen ist, bleibt die Vertretung aller Kreise erhalten.

Rico Melcher, Hauswart von Refurmo

Als nette Geste wird Rico Melcher, der sich an jenem Abend mit dem portablen Mikrofon im Publikum bewegt, als neuer Hauswart vorgestellt: Er tritt die Nachfolge von Max Kessler an, der in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedet worden ist. Ein Video zeigt das Drehorgelkonzert dazu.

Ein externer Bericht bietet festen Boden für die Zukunft

Unter Punkt 7 der Kirchgemeindeversammlung präsentiert Esther Maurer einen Bericht zu den Abgängen von acht Seelsorgerinnen und Seelsorgern der Kirchgemeinde. Dieser geht auf einen Antrag zurück, der in der Kirchgemeindeversammlung vom 25. Mai dieses Jahres gestellt worden ist.

Mit standardisierten Fragen hat Frau Maurer Austrittsgespräche mit den Betroffenen geführt und einen anonymisierten Kurzbericht dazu verfasst. Die Protokolle selbst unterstehen der Schweigepflicht und sind nicht einsehbar.

In der Einleitung betont Esther Maurer, dass die Befragung einseitig die Sicht der Ausgetretenen wiedergibt und deshalb allein schon vom Ansatz her nicht ausgewogen sein kann.

Ein solches Vorgehen bietet zwar die Chance, Themen aufzugreifen, die ungenügend oder überhaupt nicht zur Sprache gekommen sind und zu einem Abschluss zu bringen. Handkehrum besteht das Risiko, dass bei einer einseitigen Darstellung die Fairness verloren geht und Gräben oder Brüche zwischen den Parteien gar noch tiefer werden.

Lange Gespräche

Die Gespräche dauerten zwischen 1 ½ und 3 ½ Stunden und wurden von den Befragten als vertrauensvoll empfunden und halfen ihnen, einen Abschluss zu finden.

Zwei Personen empfanden den Weggang als Bruch in ihrem Leben, die sechs anderen machten unterschiedliche auch persönlich Gründe für ihre Kündigung geltend. Eine Person beispielsweise wollte explizit nicht in einer fusionierten Gemeinde arbeiten.

Empfehlungen der Expertin

Esther Maurer leitet aus den Gesprächen sechs Empfehlungen ab, die sich in die Bereiche Führung, Kommunikation und Organisationsentwicklung einteilen lassen:

Standardisierte Prozesse bei Ein- und Austritten geben den Angestellten Orientierungshilfe und entlasten die Verwaltung.

Das unterschiedliche Führungsverständnis muss immer wieder Thema sein zwischen Vorstand und Konvent als Vertretung der Pfarrerinnen und Pfarrer. Die Kirchenwelt ist, wie die Referentin meint, sehr auf Harmonie bedacht. Prallen verschiedene Lebenswelten aufeinander, kann daraus aber auch ein Mehrwert entstehen. Eine Herausforderung besteht darin, nicht zwischen „kirchennah“ und „kirchenfern“ zu unterscheiden, sondern das Profil offen zu halten, um möglichst viele Menschen anzusprechen.

In der neuen Kirchenordnung ist eine gemeinsame Gemeindeleitung von Vorstand und Pfarrschaft vorgesehen. Im laufenden Jahr haben sich beide Seiten Gedanken zu einem Konzept gemacht, wie diese Vorgabe umgesetzt werden kann. Darin geht es auch darum, die Rollen zu klären.

Insbesondere auf schriftlichem Weg gilt es, respektvoll miteinander zu kommunizieren.

Esther Maurer empfiehlt weiter zweimal im Jahr einen Austausch mit allen über die Entwicklung und allfällige Korrekturen.

Auf Kantonsebene wäre eine Ombudsstelle sinnvoll, eine Mediation mit einer unabhängigen Drittperson kann zudem in einem Konflikt auf regionaler Ebene helfen, eine Eskalation zu verhindern.

Mit Blick nach vorne riet die Referentin, Verbindendes in den Fokus zu stellen: „Was hält uns zusammen, was ist uns wichtig?“

Ein erster Schritt ist gemacht

Um das Bild vom Weitsprungathleten aufzugreifen, das Esther Maurer in ihren Ausführungen verwendete, der für seinen Absprung festen Boden unter den Füssen braucht, damit der Sprung nach vorne gelingt, hat Refurmo mit dieser externen Untersuchung eine Voraussetzung geschaffen, dass die Kirchgemeinde gedeihen kann.

Franziska Durband aus Sils, die in der Frühlingsversammlung den Antrag zu diesem Bericht gestellt hatte, bedankte sich unter Traktandum „Varia“ denn auch für die Ernsthaftigkeit, mit der der Vorstand dieses Anliegen umgesetzt hat.

Ester Mottini